Nun schon sehr lange habe ich nicht mehr für meine Seite und damit für euch geschrieben. Das liegt nicht daran, dass ich plötzlich, nach der tiefen Entspannung meiner Reise bis dahin plötzlich in eine überwältigende Stressphase gefallen wäre. Nein, im Gegenteil, die Tiefenentspannung trägt sich sehr gut weiter. Vielleicht zu gut, aber bislang habe ich noch keinen ausreichend guten Grund gefunden daran etwas zu ändern, auch wenn mich durchaus der Arbeitseifer immer wieder packt und ich gerne wieder mal am Stück ordentlich produktiv sein würde. Naja, immerhin habe ich ja Kakao gepflanzt, vermutlich knapp 200 kleine Bäumchen und insgesamt über 1030 gemeinsam mit den Arbeitern von Moro, dem Verwalter und gleichzeitig Nachbarn des privaten Naturschutzgebietes Panguana. Das war definitiv eine gute Erfahrung, auch wenn die Tropensonne mit der schwülen Hitze die Arbeit teils zur Tortur werden hat lassen. Sich überhaupt zu bewegen ist da schon mehr, als der Schweinehund zulassen will. Aber trotzdem macht es gerade dann Spaß sich der Faulheit zu widersetzen. Die Hauptarbeit, das muss man einfach sagen, hat Roberto erledigt und das nicht nur, weil er gemeinsam mit mir am längsten auf dem Acker gearbeitet hatte (die anderen hatten dann anderswo weiterzuarbeiten). Nein, Roberto arbeitet wie ein Viech. Einerseits vermaß er die Linien auf die die Kakaopflänzchen gesetzt werden sollten mit einer Präzision, die meinen Pragmatismus deutlich überschritten hätte. Andererseits stanzt er die Löcher zum Pflanzen einfach in einer wahnsinns Geschwindigkeit mit den Spatenzangen (Eigenwortschöpfung, ich weiß nicht wie diese Teile auf Deutsch heißen, hier sagen sie cavador und es sieht eben aus wie eine Mischung aus Spaten und Zange). In der Zeit in der ich ein Loch mache, hat er schon fast wieder eine Reihe fertig. Nicht nur, weil ich einfach immer Wurzeln erwische. Nein, Roberto arbeitet einfach hart, präzise und unablässig mit einer Arbeitsmoral, von der man sich echt ein Stück abschneiden kann. Bei einem Lohn von etwa 30 soles, also ca. 8 Euro. Am Tag.

Aber wieder zurück zum Thema, warum ich nämlich bislang nicht geschrieben habe: Das Internet. Denn ohne gute Verbindung ist das updaten meiner Seite eine Tortur und Nervensache. Mit dem Satelliteninternet der Station lässt sich tatsächlich ein bisschen surfen, e-mails schreiben und wenn man Glück hat auch mal über Skype telefonieren. Aber alles nicht planbar, denn es kann auch einfach wieder eine Weile nicht oder nur schleppend hinhauen. Ansonsten gibt es das Handynetz, das tatsächlich bis zur Station und weiter reicht und Internetübertragung zulässt. Allerdings GPRS Geschwindigkeit (das Handy zeigt „E“ an, also maximal 256kbit/s), was ja schon ein Anfang wäre… wenn es durchgehend funktionieren würde und nicht nur 15% der Zeit ohne Vorhersagemöglichkeit.

Fotos posten? Haha, nicht über Handynetz. Und derzeit ist das alles, was ich habe. Denn nachdem das Colegio Waldorf da war, sind zwei Stromwandler ausgefallen und deswegen hat das Satelliteninternet nun seit fast zwei Wochen keinen Saft mehr.

Schade, denn es gäbe so viel zu erzählen und auch viel an Fotos und Videos zu zeigen, auch wenn ich da für meine Verhältnisse bislang nicht sehr umfangreich unterwegs war, mit Ausnahme der regelmäßigen Nachtausflüge zum Wasserloch, wo ich inzwischen schon vermutlich fast mehr Frösche fotografiert habe, wie Menschen in der Region leben.

So viel gäbe es...

...über Moro, der 70jährige Verwalter, der schlichtweg und ergreifend super ist. Super nett, mit einer wunderbaren Mischung aus Gelassenheit und Arbeitssamkeit, immer hilfsbereit, einem enormen Erfahrungsschatz und schlechten Knien, die ihn hindern, aber nie aufhalten.

… all die anderen Leute hier, Familie, Arbeiter, Nachbarn, Gäste…

… über die Zeit mit dem Colegio Waldorf, … über meinen Geburtstag, den ich in Pucallpa mit Antibiotika statt Alkohol gefeiert habe, nach dem Motto „Abszess statt Exzess“, nachdem mir ein „Ei des Kolumbus“ an einer sehr unangenehmen Stelle gewachsen ist, mit Fieber und Schmerzen inklusive und es hier einfach kein Arzt aufschneiden will (!!!). Die Antibiotika nehme ich immer noch, aber weder verschwindet es, noch „reift“ es, wie die Ärzte hier meinen, dass es müsste, bevor man es öffnen könnte. Inzwischen geht es mir wieder gut, aber es geht nicht weg und das nervt und beruhigt auch nur bedingt. Vor allem, nachdem ich einfach inzwischen schon eine ganzes Sammelsurium an Antibiotika bekommen habe und wirklich keine Resistenzen züchten will.

… über mein Projekt, bei dem ich am Anfang sehr skeptisch war und inzwischen herausgefunden habe, wie ich es umsetzen will. Und das brennt mir gerade am meisten auf dem Herzen, deswegen schreibe ich dazu mal etwas mehr: Im Grunde genommen ist es keine neue Idee, sondern etwas, was mehr oder minder schon vor der Reise als Idee im Raum stand. Ich hatte allerdings Zeit gebraucht, um mich wirklich damit anzufreunden, denn eigentlich war ich ja nach Panguana gekommen, weil ich vor Ort mit den Leuten vor Ort nach Ideen suchen wollte, den Regenwald zu präsentieren. Die Realität sieht allerdings anders aus und auch wenn es traurig ist, auf die rein einfühlsame „Zuhör-Methode“ würde es schlichtweg nie ein Projekt geben. Wenn man wirklich über einen längeren Zeitraum pädagogisch mit den Kindern arbeitet, aber allgemein und nicht auf den Film bezogen, und daraus heraus ein Projekt entwickelt, könnte sich etwas machen lassen, aber auch dann muss man selbst Triebfeder und Motor sein. Das ist kein Vorwurf, aber es fehlt an so vielem und die Mehrzahl der Leute lebt wirklich von der Hand in den Mund. Es sind Strukturprobleme und nicht wenige und daraus entsteht eine Lethargie und auch eine „Handaufhalt“-Mentalität, was ich – nochmal - nicht verurteile, sondern in der Situation gut verstehen kann, was aber gut gemeinten Projekten keinen Nährboden bietet. Im Endeffekt können auch nur Staat oder richtig große Organisationen die Strukturprobleme vernünftig angehen, als Einzelperson muss man sich eingrenzen. Eingrenzen auf ein Thema oder eingrenzen auf bestimmte Menschen. Oder beides. Oder man versucht etwas anzustoßen, von dem man nie die Früchte sehen wird. Tja und irgendwie werde ich wohl, wie es aussieht alles probieren, ohne die Erwartung etwas Sichtbares zu bewegen. Leider werde ich damit nicht die Wünsche und Ideen der Leute hier verwirklichen können. Stattdessen werde ich machen, was ich möchte, wie ich es mir vorstelle und für richtig halte. Das klingt ordentlich Egoistisch oder zumindest Hilfskolonialistisch, aber anders glaube ich nicht, dass ich das Projekt hier realisieren könnte. Das geht nur mit Herzblut und dann mache ich das eben so, ohne mich zu verbiegen. Für Ideen und Vorschläge kann ich ja trotzdem offen bleiben. Die Grundidee für den Film war ja den jugendlichen Perus aus den anderen Regionen (Costa und Sierra) den Regenwald auf persönliche Art und Weise als etwas Schönes näherzubringen. Also kein klassischer Naturfilm, der erklärt, welcher Fisch und welcher Vogel was ist und erklärt, welche Rolle der Regenwald für das Klima spielt. Stattdessen etwas Kurzweiliges, das die Ästhetik und Schönheit der Natur zeigt und es möglichst nahbar macht. Was ist also der Plan? Im Endeffekt ist es ganz einfach. Nachdem ich das Einbinden der Leute auf deren Eigeninitiative nicht schaffen werde, mache ich es quasi künstlich. Das heißt, ich habe jetzt einen Geschichtenwettbewerb „Mi selva“ (Mein Regenwald) für Kinder zwischen 10 und 17 Jahren gestartet. Die Regeln sind einfach, es sollen Kurzgeschichten oder kurze Texte mit Bezug zum Regenwald entstehen. Diese müssen darüber hinaus positiv sein. Das ist eine gemeine Einschränkung, aber ich möchte eben diese Geschichten dann für den Film verwenden und viel, was hier kursiert sind Schauergeschichten über böse Geister, wie den Tunchi oder Cuyachaki. Die Leute vor Ort sind häufig sehr abergläubisch und das Vorurteil von der grünen Hölle ist hier auch teils die Meinung der Leute, die hier leben. Also will ich den positiven Gedanken fördern und erlaube (erstmal) nur positive Geschichten. Die Jury, die dann selbige beurteilt, besteht, wenn alles klappt (wegen Dezember und eventuell mangelndem Arbeitswillen der Schüler) aus Schülern des Colegio Waldorf, also Jugendlichen der Küste und genau der Zielgruppe für den Film. Für die Preise hatte ich lange herumüberlegt und herumgefragt und im Endeffekt war es dann doch einfacher als gedacht. Geldpreise sind keine gute Idee, denn sowas kann hier ganz schnell in die Taschen der Eltern wandern, was sich auch praktisch nicht nachvollziehen kann. Geschlechtsneutrale Sachpreise also… und da gibt es etwas, was, genauso wie bei uns, eigentlich jeder Jugendliche will: ein Smartphone. Leisten können es sich nur wenige und icht hatte auch am Anfang gedacht, dass sowas maximal ein erster Preis sein könnte, aber habe glücklicherweise sehr günstige gefunden (im Ernst, der 2. Und 3. Preis sind Smartphones, die besser sind als meines, mit Android 7.0, 8 GB Speicher, 1GB Ram, 1,3 Ghz Quadcore, Wechselakku etc. für ca je 40€) und nachdem Peru es zum ersten Mal seit 36 Jahren zur WM geschafft hat, gibt es Trikots mit den Namen der Gewinner für Platz 4 und 5 (das ganze Land fiebert da mit). Leider kann ich den Schülern nur zwei Wochen zum Schreiben geben, dann muss ich die Jury triezen und dafür sorgen, dass alles vor Weihnachten abgeschlossen ist. Ich hoffe inständig, dass alles gut läuft und sich eine Preisverleihung organisieren lässt, wo man wirklich die Gewinner feiern kann, etwas vorlesen kann und eben mit Urkunden und Preisen wirklich den Wert vermitteln kann, den es auch wirklich hat. Alles ist ein Experiment und ob wirklich Geschichten herauskommen, die gut genug sind, um damit (größtenteils) einen Film zu füllen (es soll auch noch einen Rahmen geben, der dokumentarisch etwas über das Leben hier zeigt), das wird sich zeigen. Meine Hoffnung besteht jedenfalls darin, aber nicht nur. Ich möchte diesen Wettbewerb auch in Zukunft fortführen, denn die 200-300€, die es an Kosten verursacht werde ich immer haben oder auftreiben können. Und während eben der Film sanft für die Zukunft eine Nähe zum Regenwald bei den Leuten der Costa und Sierra schaffen soll, hoffe ich mit dem Wettbewerb einerseits eine Sache zu fördern, die mir am Herzen liegt (das Schreiben) und eben zu zeigen, dass das Arbeit ist, die einen Wert besitzt und auch eine mögliche Karriere und eben andererseits Talente zu finden und dann gezielt zu fördern. Wenn sich wirklich Kinder mit schriftstellerischem Talent finden, dann kann man im nächsten Schritt weitersehen. Etwa mit einem Facebook/Instagram-Stipendium in der Zukunft, wo der/die Sieger mindestens einmal pro Woche Texte und Bilder in sozialen Netzwerken über einen festen Account posten müssen und dafür ein Jahr Geld bekommen. Auf die Art kann man durchaus digital Brücken schlagen und bestehende Strukturen, wie das Schulprojekt des Colegio Waldorf Lima nutzen um eben so das Leben hier im Regenwald nach außen (primär Lima, denn Lima ist Peru) tragen. So, jetzt könnte ich mich noch mehr über Details zum Film auslassen und was ich an Workshops bzw. Filmvorführtour durchs Land und und und plane, aber ich lasse es an dieser Stelle mal. Jetzt ist erstmal der Geschichtenwettbewerb wichtig und ich habe keine Ahnung, wie viele Teilnehmer (aus den 5 comunidades der indigenas der Region und dem colegio im nächstgelegenen Dorf Yuyapichis) es geben wird, wie gut die Geschichten werden, ob alles glatt geht, wie ich gewährleisten kann, dass es nächstes Jahr auch glatt geht (das Geld ist nicht das Problem, aber ich werde recht sicher nicht vor Ort sein können) und und und. Ich bin echt unglaublich gespannt, auch wenn es ein Tropfen auf dem heißen Stein ist und echt weder eine große, noch eine besondere Sache, bin ich trotzdem einfach unglaublich gespannt.

…über die anstehende fieste der Indigenas am 24. November …über meine Ausflüge zu den Fröschen … über andere Tiere

… über die Situation allgemein hier.. also in Peru und speziell hier auf dem Land und dem inneren Konflikt, den ich täglich spüre, weil ich .so.verdammt.privilegiert.bin. Als Tourist könnte und kann ich das Land bereisen und von einem Grinsen ins nächste Staunen kommen, die Reise in vollen Zügen genießen und zurückkehren mit den Geschichten, wie toll es war. Aber eben sobald ich verharre, treten einfach die Probleme hier vor Ort in den Vordergrund. Und es sind echt nicht wenige. Gerade hier am Land, denn Peru, das ist in erster Linie Lima, dann noch ein bisschen die anderen Großstädte und der Rest ist schlichtweg nicht relevant, politisch verlassen und liegt in Armut und Korruption komplett brach. Es fehlt so verdammt viel in einem Land, das eigentlich alles hätte, wirklich alles. Die Natur hier ist ein Genuss und ein Privileg, aber eben das Privileg des Genusses hat etwas Widerliches, wenn Genüsse und Privilegien hier die letzten Probleme der Leute sind, überall Armut und Perspektivlosigkeit grassiert, Kinder mit 15 verheiratet werden, die Goldgräber sich mit Quecksilber die Gesundheit zerstören und/oder mit Drogen, Kinder nicht zur Schule gehen, weil die Eltern sich die Schuluniform nicht leisten können (oder teils nicht wollen), wenn immer neu brandgerodet wird, weil nicht nachhaltig Landwirtschaft betrieben wird und schnell nichts mehr wächst, wenn alle nur auf die neue Straße hoffen, mit denen dann bestimmt der Aufschwung und Touristen kommen, auch wenn keiner weiß, was er mit einem Touristen machen soll und nichts (an)geboten wird. Ich könnte echt schon so viel darüber schreiben, aber habe selbst bisher nur einen kleinen Einblick bekommen, vom Durchblick weit entfernt. Wirklich viel ist aber einfach zum Schreien und so wechseln sich Frustration und Genuss in absurderweise von Moment zu Moment ab. Wir sind einfach so verdammt privilegiert und einfach nur, weil wir am richtigen Ort auf die Welt gekommen sind. Achja, dass Peru als Schwellenland international gar nicht so schlecht dasteht ist mir durchaus bewusst und macht es wirklich nicht besser. So, damit lasse ich es mal und hoffe ihr verzeiht die viele Texterei, aber cich werde vermutlich auch die nächsten zwei Wochen wieder wenig bis gar nichts schreiben und mich auf den heilprozess, den Wettbewerb und das Filmen konzentrieren…

Macht es gut und bis bald!

Nun bin ich nun schon beinahe meinen ersten Monat in diesem schönen Land und habe tatsächlich noch nichts darüber geschrieben. Am Mangel an Eindrücken liegt es jedenfalls nicht. Davon habe ich tatsächlich einen ganzen Haufen. Der Kontrast zu Ecuador ist für mich gewaltig. Überinterpretieren darf man das allerdings auch nicht. Schließlich bin ich bislang ausschließlich in der Costa unterwegs gewesen, während ich in Ecuador die meiste Zeit in der Sierra verbracht habe. Allein das macht schon einen deutlichen Unterschied. Trotzdem wirkt Perú bislang für mich... finanziell ärmer, unsicherer, günstiger, trockener und archäologisch deutlich interessanter. Und noch viel mehr. All das sidn allerdings nur kurze Eindrücke, die sich sicher auch weiter entwickeln werden. Gerade eben befinde ich mich (noch) in Lima, bevor es übermorgen nach Pucallpa und dann nach Panguana geht. Für etwa 1,5 Monate. Wenn alles hinhaut. Das dürften dann auch 1,5 Monate ohne Updates werden, da Panguana zwar theoretisch Internet hat, aber praktisch dürfte es maximal für e-mails taugen. Mal sehen.

Bis dahin hier nun ein paar Eindrücke aus Trujillo&Huanchaco (inklusive Chan Chan bzw. den Huacas de la luna y del sol) und am Schluss aus Lima von der Huaca Pucllana.

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In Ermangelung der Zeit nur ein Batzen Fotos. Mehr folgt hoffentlich später!

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